eBusiness-Praxis für den Mittelstand.

Best practice Ansätze in der Industriepolitik

Das Rad nicht neu erfinden.

News Selhofer

Von anderen lernen

Im betrieblichen Bereich erfreut sich der "Best Practice" Ansatz zunehmender Akzeptanz und Verbreitung: Unternehmen scheuen sich nicht, von anderen Unternehmen zu lernen, wenn sich bestimmte Anwendungen oder Modelle dort als erfolgreich erwiesen haben. Die Dokumentation und Verbreitung von "Best Practice" Beispielen ist deshalb ein wichtiges Instrument zur Förderung von Technologienutzung und Innovation.

Erfahrungsaustausch im vereinten Europa

Weshalb also dieses Modell nicht auch für die Politikgestaltung nutzen? Gerade im vereinten Europa sollte der Erfahrungsaustausch zwischen den Mitgliedsstaaten gefördert werden. Die Generaldirektion Unternehmen und Industrie der Europäischen Kommission verfolgt seit Jahren konsequent diese Idee. Mit dem "e-Business Support Network" (eBSN) beispielsweise wurde 2003 ein Netzwerk gegründet, in dem inzwischen mehr als 200 Vertreter von Organisationen aus über 30 Ländern regelmäßig Erfahrungen austauschen. "Von einander lernen" lautet das zentrale Motiv: e-Business Initiativen, die in einem Land oder einer Region erfolgreich waren, können doch als Muster für ähnliche Projekte in einem anderen Land dienen. Man muss das Rad nicht neu erfinden.

Initiativen in über 30 Ländern

Was zeichnet nun "Best Practices" in diesem speziellen Politikfeld aus? Das eBSN beauftragte in 2007 die empirica GmbH mit einer Studie dazu. Zunächst wurden relevante Initiativen in über 30 Ländern identifiziert und beschrieben, dann wurden 15 besonders erfolgreiche Modelle genauer analysiert, darunter auch die deutsche "PROZEUS" Initiative. Die Studie empfiehlt insbesondere branchenspezifische Initiativen, weil damit die wichtigen Akteure besser angesprochen und motiviert werden können. Die Fallstudien zeigen auch, dass gerade bei Initiativen zur Nutzung von Standards für den elektronischen Geschäftsverkehr, sowie zur Verbreitung von fortgeschrittenen e-Business Anwendungen, die Konzentration auf eine oder wenige Branchen hilfreich sein kann. Allerdings gilt auch dies nicht uneingeschränkt: viele Klein- und Mittelbetriebe (KMU) sind als Zulieferer für mehrere Branchen tätig. In diesen Fällen gilt es KMU dabei zu unterstützen, dass sie sich mit ihren Geschäftspartnern auf Standards einigen können, die branchenübergreifend genutzt werden können.

Best Practice Ansätze in Europa

Nicht nur in Deutschland (hier besonders PROZEUS), sondern beispielsweise auch in Frankreich, Italien, Portugal und Spanien, aber auch außerhalb Europas (etwa in Kanada und Korea) wurden in den vergangenen Jahren branchenspezifische Initiativen zur Unterstützung der KMU im e-Business gestartet, meist im Rahmen nationaler oder regionaler Industrie- und Innovationspolitik. Eines der interessantesten Beispiele in Europa in diesem Bereich, das als "Best Practice" gehandelt wird, ist der französische Aktionsplan "ICT-SMEs 2010". Das Programm wurde 2005 gestartet und läuft bis 2010. Über 50 branchenspezifische Projekte (aus insgesamt etwa 20 Branchen) sollen dazu beitragen, dass KMU in ihren jeweiligen Wertschöpfungsketten digital fest integriert sind. Dies geschieht nicht durch (finanzielle) Förderung einzelner KMU, sondern vor allem durch Moderationsleistung: die Akteure, die ein Projekt zur Förderung eingereicht haben, müssen sich auf Prozesse und Standards für den Datenaustausch einigen; dabei sind die Interessen der großen Leitbetriebe ebenso zu berücksichtigen wie die der KMU. Durch die intensive Einbindung der Industrieverbände in die Projekte soll eine ausgewogene Berücksichtigung der Einzelinteressen gewährleistet werden.

Einsatz öffentlicher Mittel

Es gibt mehrere industriepolitische Argumente, weshalb öffentliche Mittel für solche Initiativen bereitgestellt werden. Ein wesentliches Ziel ist die Erzielung externer Skaleneffekte in wichtigen Industriezweigen durch die bessere Integration der "eigenen" KMU (in der Region, im Land) in den Wertschöpfungsketten der großen Leitbetriebe.

Europäische Rahmenbedingungen beachten

Da viele Unternehmen aber exportorientiert sind, ist auch die Berücksichtigung grenzüberschreitender Aspekte des e-Business besonders wichtig. Die Studie empfiehlt, in den kommenden Jahren besonders auch auf die europäische Dimension zu achten und gegebenenfalls die Rahmenbedingungen zu optimieren, beispielsweise im Falle von gesetzlichen Unklarheiten. Die Nutzung international anerkannter Standards für e-Business ist jedenfalls eine wichtige Voraussetzung für das Funktionieren von e-Business über die Grenzen einzelner EU-Mitgliedsstaaten hinweg.

Die Studie

Die empirica-Studie über sektorale e-Business Politikinitiativen sowie eine Zusammenfassung davon sind auf der eBSN Website verfügbar.

Die empirica GmbH

empirica ist ein privates, international tätiges Forschungs- und Beratungsunternehmen in Bonn, das sich auf Studien und Pilotprojekte zur Nutzung neuer Informations- und Kommunikationstechniken (IKT) spezialisiert hat, insbesondere in den Themenfeldern elektronischer Geschäftsverkehr (eBusiness), Telemedizin (eHealth) und digitale Integration & Barrierefreiheit (eInclusion).

Der Autor

Hannes Selhofer ist Projektleiter bei der empirica GmbH in Bonn. Tätigkeitsschwerpunkte sind Studien zur betrieblichen IKT-Nutzung in verschiedenen Branchen sowie die Evaluation von Politikinitiativen zur Gestaltung der Informationsgesellschaft.

PROZEUS LERNMODULE
PROZEUS Learnmodule
INTERNETLINKS

eBSN

e-Business Support Network

http://ec.europa.eu

ICT-SMEs 2010

Eines der interessantesten Beispiele in Europa: der französische Aktionsplan

www.ticpme2010.fr

empirica-Studie

Studie und Zusammenfassung zum Thema sektorale eBusiness Politik-Initiativen

http://ec.europa.eu

empirica GmbH

www.empirica.biz