Praxisberichte Kooperative Planung, Prognose und Nachlieferung (CPFR)

Butzbach, Hessen
Getränke
50 Mitarbeiter
Jahresumsatz: EUR 5,0 Mio.

GLOBUS SB Warenhaus GmbH & Co. KG

"Wir haben Eillieferungen und Fehlmengen deutlich reduziert und konnten auch die Bestände herunterfahren. Entsprechend konnten wir außerdem die Anzahl gelisteter Produkte bei Globus und die Prognose-Genauigkeit steigern."
Das Unternehmen
Die Kelterei Müller KG hat ihren Firmensitz im hessischen Ostheim. Seit 1905 werden in diesem Familienunternehmen qualitativ hochwertige Apfelweine, Direktsäfte aus 100% Fruchtsaft, diverse Nektare und Gemüsesäfte produziert. Die Produktpalette (angebotene Warengruppen) wurde in den letzten Jahren stark erweitert. Durch jahrzehntelange Erfahrung und moderne Verarbeitungstechnik garantiert die Kelterei Müller eine durchgängig hohe Qualität. Seit 1960 werden Müller Apfelweine und Fruchtsäfte regelmäßig mit den höchsten DLG-Prämierungen (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft) und durch die CMA (Centrale Marketinggesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft) ausgezeichnet.
Absatzschwerpunkt ist Hessen und angrenzende Bundesländer. Insgesamt werden über 100 Artikel in den Warengruppen Bier, Schaum-/Perlwein, Apfelwein, Fruchtsäfte, Szenegetränke und Mischgetränke angeboten. Der Kundenstamm der Kelterei Müller umfasst mehr als 250 Getränkehändler, Getränkefachgroßhändler sowie alle relevanten Lebensmittelvertriebsschienen (außer Discounter). Müller ist einer der Top-Lieferanten für den Globus Markt in Dutenhofen in der zu betrachtenden Warengruppe, die im Projekt berücksichtigt werden.
1828 von Franz Bruch im saarländischen St. Wendel gegründet, ist GLOBUS SB-Warenhaus GmbH & Co. KG bis heute ein Handelsunternehmen in Familienbesitz. Das Unternehmen entwickelte sich über mehrere Generationen vom Einzelhandel, über Großhandel und Cash&Carry-Ausrichtung zu einem führenden SB-Warenhaus- und Fachmarktunternehmen in Deutschland.
Globus betreibt neben den SB-Warenhäusern zwei weitere Vertriebsschienen (Baufachmärkte, Elektrofachmärkte). Die Globus-Warenhäuser (in NRW: Maxus) sind führend in Sortimentsbreite und -tiefe: es werden in jedem Markt über 100.000 Produkte angeboten, dabei liegt ein Schwerpunkt auf den regionalen Sortimenten.
Der im Pilotprojekt fokussierte Markt in der Lahn-Dill-Region ist (umsatzbezogen) einer der führenden Einzelhandelsstandorte in ganz Deutschland.
Die Ziele
Ziel dieses Pilotprojektes ist die Umsetzung des 9 Schritte-Prozesses von CPFR. Auf der Basis vereinbarter, gemeinsamer Geschäftsziele und eines umfassenden Informationsaustausches von Abverkaufs- und Bestandszahlen bezogen auf die bei Globus gelisteten Produkte der Fa. Müller sollen die Planungs-, Prognose- und Nachbevorratungsprozesse zielorientierter und partnerschaftlicher gesteuert werden.
Das Projekt
Im Schritt 1 des 9-stufigen Prozesses wird zunächst die CPFR-Rahmenvereinbarung getroffen, in der Globus und Müller aufbauend auf dem LOI den Umfang der Zusammenarbeit (u.a. Kategorien, Promotions), die Ziele des Pilotprojektes, geeignete Messgrößen, Vertraulichkeiten und notwendige Ressourcen präzisieren. Des Weiteren werden die grundsätzlichen Bedingungen für Kooperation, Informationsaustausch und Verantwortlichkeiten festgelegt.
In einem gemeinsamen, auf das Pilotprojekt bezogenen Geschäftsplan (Schritt 2) werden ein gemeinsamer Promotionsplan und die logistischen Rahmenbedingungen wie bspw. Lieferzeiten, Anlieferbedingungen oder produktionsbedingte Vorlaufzeiten vereinbart. Diese sind Voraussetzungen für die spätere Erstellung der Bestellprognosen und Bestellungen.
Auf der Grundlage von Abverkaufsdaten, die regelmäßig und aktuell von Globus an Müller gesendet werden, und des gemeinsamen Promotionsplans erstellt jeder Partner eine Abverkaufsprognose. Sollten die Mengen der beiden Abverkaufsprognosen zu stark variieren, werden diese in einem nächsten Schritt gemeinsam korrigiert. (Schritte 3-5)
Auf der Basis der endgültigen Abverkaufsprognose erzeugen beide Unternehmen anschließend Bestellprognosen. Der Zeithorizont der Bestellprognosen ist dabei kürzer als jener der Bedarfsprognose. Im Wesentlichen werden in diesem Schritt die Bedarfsmengen mit weiteren Einflussfaktoren wie den Bestandsmengen, offenen Aufträgen und logistischen Rahmenbedingungen zusammengeführt, so dass auf diese Weise eine Prognose über die erwartete Bestellung erzeugt wird. (Schritte 6-8)
Die spätere Generierung des Auftrags durch Müller als letzter Schritt des CPFR-Modells, entspricht einer Umwandlung von erwarteten in verbindliche Bestellmengen.
Der Nutzen
Die Pilotunternehmen erwarten durch die Umsetzung des CPFR-Modells eine Umsatzsteigerung, da durch die Vermeidung von Out of Stock-Situationen in allen Bestandhaltungspunkten die Verfügbarkeit der Artikel im Regal bei Globus erhöht werden kann.
Des Weiteren wird von einer Kostensenkung auf Seiten von Müller und Globus ausgegangen. Dies ist dadurch begründet, dass durch die Einbeziehung der Prognosemengen in die Produktions- und Lieferplanung mittelfristig eine Verbesserung in der Steuerung der Warenverfügbarkeit bei gleichzeitiger Optimierung der Bestände bei Müller und Globus erzielt werden kann. Bei Erreichen der kritischen Masse an Handelskunden mit denen CPFR bei Müller umgesetzt wird, kann langfristig die Kapazitäts- und Materialplanung der Produktion bei Müller optimiert und die Auslastung der Produktionskapazitäten verbessert werden.
Zusätzlicher Nutzen von CPFR liegt in der Erhöhung des Servicelevel und der Verbesserung der Kunden-Lieferanten-Beziehung zwischen Müller und Globus.
Der Zeitrahmen
Das Projekt startete im August 2003 und wurde Ende August 2004 abgeschlossen.
Die Ausgangslage
Bisher wurden die bestellten Artikel direkt an Globus geliefert (keine Zentrallagerbelieferung). Nur aufgrund der räumlichen Nähe der Projektpartner und des eigenen Fuhrparks von Müller ist eine solch flexible und kurzfristige Versorgung möglich, es bleibt im Rahmen des Projekt zu prüfen, ob mit den häufigen Eillieferungen hohe Kostenbelastungen und geringe Tourenauslastungen einhergehen. Die Bestellungen werden manuell im Versandbüro bei Müller auf Bestelllisten erfasst. Die Bestellmengen können dabei von den Liefereinheiten abweichen, zum Beispiel wenn es sich bei den Bestellungsmengen nicht um logistisch sinnvolle Mengeneineinheiten handelt. Wenn möglich wird daher bei der Auftragsannahme eine Mengenanpassung vorgenommen. Direkt nach Erfassen der meist fernmündlichen Bestellungen werden Packscheine für die Kommissionierung erstellt und ausgedruckt. Die Kommissionierung der Ware nach Packschein erfolgt spätestens bis zum nächsten Tag. Die Ware wird an der Ladestraße bereitgestellt und anschließend verladen. Bei Abweichungen der Liefermenge von der Bestellmenge wird der Packschein manuell korrigiert. Im Versandbüro wird auf Basis des Ladescheins anschließend der Lieferschein erzeugt. Die Regalbestückung im Globus-Getränkemarkt übernimmt der Fahrer der Kelterei Müller. Das Leergut wird bei jeder Tour jeweils mit zurück genommen. Die Leergutmengenerfassung erfolgt auf dem Lieferschein.
Die Zielsetzung
Zunächst wird das Potenzial der Prozessverbesserung durch den Vergleich von Prozessalternativen gegenüber dem Ist-Status abgeschätzt. Ziele des Projekts, die Prozesse und Standards betreffend, sind u. a. die Anlieferungsoptimierung, die Umsetzungen zur Prognoseverbesserung, die Glättung der Kapazitätsauslastung sowie die Anpassung des Aktionsgeschäfts (inkl. Prognoseverbesserungen). Diese Aktivitäten sind Bausteine, die in eine gemeinsame Erarbeitung/Abstimmung der letztlich anzuwendenden CPFR-Lösung münden. Im Bezug auf die Logistik -Prozesse sollen die Aktivitäten „Kundentouren im Gebiet Globus“, „Auswertung der Distributionskosten“, „Transportkosten-Effekte abschätzen“ und „Aufwand im Anlieferungsprozess“ mögliche Einsparpotenziale durch Prozessverbesserung zu Tage fördern.

Arbeitspakete und Meilensteine | Erfahrungen und Ergebnisse | Status geplant |
Meilenstein 1: Detaillierte Ist-Analyse der Unternehmensstruktur |
Auswertung der Ist-Daten CPFR bildet im unternehmensübergreifenden Geschäftsverkehr die Basis für den standardisierten Austausch von Informationen und verbessert damit die Möglichkeiten, Warenströme zu steuern und nachzuvollziehen mehr Info |
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Meilenstein 2: Festlegung/Konkretisierung der Projektinhalte |
Festlegung von Meilensteinen Kurztext mehr Info |
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Meilenstein 3: Detaillierte Projektplanung und Entwicklung eines Arbeitsplanes |
Gemeinsame Erarbeitung einer CPFR-Lösung Ziel diese Arbeitspaketes war es, aus festgelegten Projektinhalten einen Arbeitsplan zu entwickeln mehr Info |
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Meilenstein 4: Gemeinsame Auswahl von Dienstleistern |
Know-How bleibt im Unternehmen Ein auf Microsoft Access basierendes Analyse-Tool wurde von versierten Mitarbeitern selbst entwickelt ... mehr Info |
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Meilenstein 5: Qualifikation der Mitarbeiter |
Umfassende Einbindung der Mitarbeiter ECR und damit auch CPFR-Implementierungen führen zu Veränderungen in der Aufbauorganisation, der Ablauforganisation und der eingesetzten Informationstechnik ... mehr Info |
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Meilenstein 6: Umsetzung der Arbeitsplaninhalte |
Positive Auswirkungen von CPFR In der Umsetzung hat sich gezeigt, dass für einen durchgängigen Prozess, die für die Bedarfsprognose notwendigen Abverkaufsdaten nicht auf Einzelproduktebene vorliegen ... mehr Info |
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Das Ergebnis
CPFR bildet im unternehmensübergreifenden Geschäftsverkehr die Basis für den standardisierten Austausch von Informationen und verbessert damit die Möglichkeiten, Warenströme zu steuern und nachzuvollziehen. Aufgrund der Potentiale die CPFR hier bietet, wurden alle Beteiligten sensibilisiert und das Problembewusstsein auf beiden Seiten in hohem Maße gesteigert. Die positiven Auswirkungen waren u.a.:
- Einsparungen in den Transportkosten
- Verbesserung der Warenverfügbarkeit
- Bessere Ausnutzung der Stellflächenkapazitäten
- Anordnung, Platzierung und Menge der Produkte am POS
- Flexibilisierung der Aktionsverläufe
- Vermeidung von Fehlmengen (Out of Stocks)
- Genauere Erfassung der Abverkaufsmengen
Die Erfahrungen
Auch hier hat sich gezeigt, dass die externe Projektbegleitung einem höheren Aufwand bedurfte als ursprünglich geplant war. Ein Grund war beispielsweise die Komplexität des Projektes. ECR und damit auch CPFR-Implementierungen führen zu Veränderungen in der Aufbauorganisation, der Ablauforganisation und der eingesetzten Informationstechnik. Diese Veränderungen im Unternehmen haben direkten Einfluss auf die Aufgabengebiete von Managern und Mitarbeitern. Um für die erforderlichen Veränderungen Akzeptanz zu schaffen müssen die Prozesse transparent gemacht werden und die Mitarbeiter für die neuen Funktionen motiviert und geschult werden. Die Erfordernis, das Bewusstsein über die notwendigen Veränderungen zu schaffen, ist nicht zu unterschätzen. Veränderungsprozesse im Unternehmen laufen nie ohne Widerstand ab. Das Unternehmen muss daher die Fähigkeit haben, den wirtschaftlichen Erfolg, der mit der ECR-Strategie verbunden ist, in konkrete Resultate für die Organisation zu überführen. Diesen Herausforderungen wurde mit intensiven und regelmäßigen Schulung der Mitarbeiter begegnet.
Die Zukunft
Geplant ist mittelfristig der elektronische Austausch von Bestellungen (ORDERS), Lieferavisen (DESADV) und Wareneingangsmeldungen (RECADV) im EANCOM®-Format zwischen Müller und Globus. Eine Erweiterung auf die Bestandsbericht (INVRPT) und die Rechnung (INVOIC) ist noch zu diskutieren. Essenzielle Voraussetzung für alle Standards ist eine 100-prozentige Datenqualität.
Kooperative Planung, Prognose und Nachlieferung (CPFR) - Entscheiderbroschüre (pdf)
Kooperative Planung, Prognose und Nachlieferung (CPFR) - Umsetzerbroschüre (pdf)